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da passiert eben der eine oder andere "Schnitzer"

Meine kleine, persönliche Geschichte der Werkzeugspuren

Werkzeugspuren fein Stein Habt Ihr schon mal mit Hammer und Meissel gearbeitet?
Oder aber Leder geprägt, an einer CNC Fräse oder einem Waterjet zugeschaut?
Einem Handwerker wie z.B. Bildhauer oder Metallgiesser zugeschaut?

Dann habt ihr es gesehen: Jedes Werkzeug hinterlässt seine Spuren. Wir gehen hier einfach mal davon aus, dass die Spuren auf dem Werkstück und nicht uaf dem Finger landen, nur dort sind sie dauerhaft. Ansonsten spricht man von einer "Multicolour-Hammerschlag-Lackierung".

Werkzeugspuren grob Stein Diese sind für einen Profi wie ein Fingerabdruck, typisch, unverwechselbar und eindeutig einem bestimmten Werkzeug und einer bestimmten Art, wie dieses Werkzeug benutzt wurde, zuzuordnen.
Ob ein Bronzeguss aus 2 Hälften zusammengesetzt wurde, oder ob eine Fräse den angeblich antiken Stein bearbeitet hat, das erkennt ein Profi auf einen Blick.

Die scheinbar glatten Oberflächen stellen sich bei Darstellung im Makrobereich als total zerkratzt heraus. Das sind Spuren von einer Säge, Feile, oder einer unregelmässigen Klinge.

Gut genug als Standfläche, aber weit weg von "eben" oder gleichmässig. Diese Oberflächen sind aber auch nur grob geglättet worden (geschrubbt)

Kleine Oberflächen-Kunde

Wir nehmen eine Steinoberfläche als Beispiel, es könnte aber auch z.B. Metall sein:
Unbearbeitet härte der Stein seine sog. "natürliche" Oberfläche, die durch Bruch, Quetschung, Erosion und viele andere Einflüsse entstanden ist, beim Metall wäre das z.B. der Zustand nach dem Guss.

Die Bearbeitungsmöglichkeiten sind: Druck oder Schlag, Spalten, Sägen, Abtragen und Oberflächenbearbeitung.

Beim Metall wären das z.B. Walzen, Hämmern oder Schmieden, Sägen, Fräsen, Schleifen, Polieren...

Die Arbeitsrichtung ist dabei immer vom Groben zum Feinen (mit Ausnahmen) zuerst wird also die grobe Form durch auch eher grobe Werkzeuge hergestellt, und dabei wird pro Arbeitsgang so viel wie möglich (sinnvoll) abgetragen.
Danach erst werden die feinerer Konturen heraus-gearbeitet, es wird immer weniger Material abgetragen.

Wenn die Form fertig ist, wird die Oberfläche oft noch möglichst glatt gemacht, z.B. durch "Polieren". Das ist ein weit gefährlicherer Vorgang, als man meint, weil dabei ganz leicht eigentlich scharfe Konturen "abgerundet" werden, und so der beabsichtigte Zustand wieder verloren gehen kann. Oft schaut es auch einfach besser aus, wenn nicht alles glatt und eben ist, sondern sich "gewollte" Strukturen in der Oberfläche finden, die erst den gewünschten Eindruck ermöglichen.

Kleine Kratzer
Ornament mit Mikrokratzern

Stechbeitel mit Scharte

Auch hier (links) werden Kratzer sichtbar, die das Werkzeug hinterlassen hat. Die könnte man mit Schleifen oder Polieren noch beseitigen, aber dann wirkt es insgesamt "glatter". Diesen Eindruck hätte man auch bei normaler Betrachtung, obwohl man die kleinen Unebenheiten bei normalem Betrachtungs-Abstand gar nicht sehen könnte.

Auch in der polierten Oberfläche der Bänder-Ornamentik sind bei dieser Vergrösserung Kratzer und kleine Unreglmässigkeiten zu erkennen, die die Oberflächenbehandlung nicht beseitigt hat. Natürlich sind auch Kratzer dabei, die erst nach Fertigstellung entstanden sein können (Gebrauchsspuren).

Rechts unten eine gut geschliffene Klinge, aber mit einer Scharte, und die hinterlässt Kratzer

Dabei werden z.B. folgende typische Werkzeuge verwendet, deren Spuren man dann auch später (teilweise) noch finden kann:
Meissel, Sägen, Hämmer, grobe Feilen, Spitzhämmer, Flex, CNC-Maschine, oder Fräsen für die grobe Arbeit.

Ziehklingen, Schabeisen, Stechbeitel, Messer und Klingen verschiedenster Art, kleine "Stemmeisen",Schleifrollen, Fräsen (fein) , usw für das Herausarbeiten der Form
und
Schleifpapier, Polierwatte, Polierpaste, Steinmehl, Glätteisen, Wachs für das "Veredeln der Oberfläche", oder, je nach Projekt, sehr scharfe Klingen, die ihre typischen Spuren hinterlassen sollen.

Dazu je nach Projekt hunderttausend kleine Hilfsmitelchen, die alle für eine bestimmte Aufgabe gebraucht werden, und die manche Arbeitsschritte überhaupt erst ermöglichen.

Die daraus resultierenden Spuren (vorwiegend der Endbearbeitung) bilden dann diesen "Fingerabdruck", so dass man die Werkzeuge ziemlich genau benennen kann, die diese Spuren hinterlassen haben. Aber auch vorhergehende Arbeitsschritte können Spuren hinterlassen: Z.B. Einfluss von Kraft/Gewalt beim Spalten oder Walzen, Hitzeeinfluss oder chemischer Einfluss. Ein

Beispiel aus dem Alltag: Kalt-gepresstes Olivenöl schaut nicht anders aus als heiss gepresstes, aber man kann den Unterschied sehr wohl feststellen, es kommt einfach nicht das selbe dabei heraus.

So kann man z.B. eine "gepunzte" (mit einem leicht balligen Hammer gehämmerte) Oberfläche auch industriell herstellen, indem man in einer Presse ein Blech mit nur ein paar Sekunden Druck in die selbe Form bringt, aber es kommt eben doch nicht das Gleiche heraus:
Durch einfaches Drauf-Klopfen kann man den sehr unterschiedlichen Klang feststellen. Schaut Euch mal die Herstellung einer Karibischen "Trommel" an, da werden aus alten Fässer Trommeln "gehämmert" (also eigentlich "getrieben"), die dann an verschiedenen Stellen jeweils auf einen ganz bestimmten Ton "gestimmt" sind, sog. Steel-Drums. Ein gleich aussehendes Stück Blech aus einer Presse hätte überhaupt keine vergleichbaren Eigenschaften und würde nicht "klingen", nur genau so aussehen.

Klang, Elastizität, Oberfläche, Härte, und noch vieles mehr sind also Folgen der jeweiligen Bearbeitung, auch wenn man die Spuren nicht sehen kann. Feststellen kann man sie aber schon.

Politur mit Unebenheiten

Drehmeissel maschinell geschlifen

Stechbeitel Handschliff

Gravierstichel

hier nun ein paar Beispiele von Metalloberflächen, die alle fein-geschliffen oder poliert sind (nach allgemeinem Verständnis also ziemlich glatt):

Wenn Ihr genauer hinschaut (oben links), dann besteht die polierte Oberfläche nur aus Buckeln und Unreglmässigkeiten (das war eine Maschine unter hohem Druck plus anschliessender Poliervorgang), glatt genug, um zu glänzen, aber nur scheinbar wirklich eben.

Oben rechts ein Drehmeissel, dessen Oberfläche auch poliert ist, aber bei der Vergrösserung sieht man die paralellen Phasen, also war auch hier eine Maschine am Werk.

Unten links sieht man eine handgeschliffene Klinge, guter Stahl, sehr scharf, aber aber auch hier zu erkennen: Nicht ganz gleichmässige, aber weitgehend paralelle Schleifspuren, und eine schadhafte, offenbar ausgebrochene Stelle.

Zuletzt der kleine Hand-Stichel unten rechts, der ist selber geschmiedet, unregelmässig, von Hand in viereckige Form geschliffen, auch die Klinge ist gleichmässig und sehr scharf, aber sie ist leicht rund geworden statt ganz gerade. Sie würde typische Kerben im Werkstück hinterlassen, auch wenn man sehr gleichmässig damit arbeitet.

Zusätzlich muss man natürlich Korrosion, Erosion und Abnutzungsspuren, sowie Beschädigungen berücksichtigen, wenn man über Gegenstände spricht, die vor über 1000 Jahren hergestellt wurden und auch in Gebrauch waren.

Bevor jetzt noch eine kleine Geschichte über ein Schlüsselerlebnis mit Repliken und Werkzeugspuren folgt, möchte ich Euch bei weiterem Interesse auf die Werkzeug+Material Seiten verweisen, da erfahrt Ihr noch so einiges über Handwerkszeug. Über das Handwerkszeug der Wikinger erfahrt Ihr mehr unter Mastermyr Handwerker-Truhe

Und hier die kleine Geschichte

Ich bin selber Replikenmacher, und ich habe schon viel "Nachgemachtes" in den Händen gehabt, teils sehr primitiv und einfach zu erkennen, teils aber auch von kundiger Hand und handwerklich perfekt gemacht. Ohne eine Altersdatierung (durch verschiedene chemische Verfahren, z.B. Radiokarbonmethode) könnte ich das nicht als eine Replik (einen Nachbau) entlarven.
Allerdings hat das ganze einen Haken: Der Stein selbst ist ja alt, es geht ja um den Bearbeitungszeitpunkt, nicht um das Alter des Steins.

Zum Handwerk eines Replikenmachers gehört unbedingt die Werkzeugkunde:
Wie sah das originale Werkzeug aus? Wurde es mit der Hand bewegt, oder kam ein Hammer zum Einsatz. Wie breit war die Klinge (Z.B: eines Meissels), und wie gut war sie geschliffen? All das würde typische Spuren hinterlassen, und lässt eine Identifizierung eines Originals (oder einer perfekten Replik) zu. Es geht nicht darum, z.B. einen Kratzer (Scharte) im Werkzeug, der offensichtlich auf dem Originalwerkzeug vorhanden war, und zu wiederkehrenden Streifen in der eigentlich glatten Oberfläche geführt hat, sklavisch genau "nachzumachen", aber es würde die Qualität der Replik verbessern, wenn ein solcher Kratzer in das verwendete Werkzeug gemacht würde, und man dann solche Spuren, wenn auch nicht an den gleichen Stellen, auf der Replik finden würde.

Mir ist mal was lustiges passiert (und diese Geschichte werde ich nie vergessen):
Ich habe vor etlichen Jahren ein paar authentische, aber selbst erdachte Wikingerfiguren aus verschiedenen Materialien (Steinen) auf einer Ausstellung dabei gehabt, und freute mich über reges Interesse an meiner Arbeit.
Bis mich die Polizei ganz dezent zu einem Besuch auf dem Revier "überredete":
Da stellte sich heraus, dass ich beschuldigt wurde, Ausgrabungsfunde unterschlagen zu haben. Mir wurde klar gemacht, dass die Regierung das Vorrecht hat, über die Zukunft solcher Funde zu entscheiden. Meine Ankläger seien hochkarätige Fachleute, und ich solle doch bitte erklären, wie ich in den Besitz bisher unbekannter Funde gekommen sei, die laut Zeugen zwar noch unbekannt, aber eindeutig original seien.

Ich hatte bis zu diesem Zeitpunkt ein richtig schlechtes Gewissen, war ich doch Aussteller Sorte Handwerker und nicht Händler (die müssen für ihren Stand zahlen), hatte aber ganz dezent kleine Preisschilder (hinten auf den Stücken) angebracht, was ich eigentlich nicht durfte. Ausserdem hatte ich ein paar Jahre zuvor wirklich mal eine Metallsuchgerät-Phase" gehabt, und tatsächlich ein paar Münzen, sowie unidentifizierbare Metallklumpen gefunden und behalten. Aber woher sollte jemand das erfahren haben?

Aber das war es nicht, es ging um meine Austellungsstücke, ich musste lachen: das könne wohl kaum unterschlagene Funde sein, denn ich selber habe sie mir ausgedacht.
Zwar schon inspiriert durch mir bekannte Funde, mit originalem Werkzeug hergestellt, und auch die Art der Darstellung dem nachempfunden, was tatsächlich gefunden wurde. Und das liesse sich einwandfrei und schnell feststellen, wenn man eine Altersbestimmung durchführen würde.

Die schon etwas zugänglicheren Beamten waren dann auch bereit, nach Überprüfung meines fast tadellosen Lebenslaufes, mir nicht nur "anfänglichen Glauben" zu schenken, nein, sie gaben mir sogar die Auskunft, wer mich angezeigt hatte, und siehe da:
Es waren wirklich Experten, Kuratoren des Museums in Helsinki, wo ich oft und gern "gestöbert" hatte.
Und diese Kuratoren waren im Nebenzimmer, und durchaus zu einem Gespräch bereit.

Statt einer langjährigen Gefängnisstrafe ( die hatte ich mir schon ziemlich bildlich ausgemalt) fand also ein klärendes Gespräch statt, in dem mir die Kuratoren (in gutem Englisch) erklärten, dass sie leider immer wieder auf unterschlagene Funde stossen würden, und deshalb generell jeden solchen Fall der zuständigen Polizei melden würden, so auch in meinem Fall.

Positiver Nebeneffekt: Nach der Klärung, dass es sich um meine Arbeit handelt, und der nochmaligen Begutachtung durch die Kuratoren, erhielt ich einen Vorwurf, der mich doch ein wenig stolz machte:

Ich wäre teilweise mit schuld an dem Missverständnis, wenn meine Ausstellungstücke alle Kriterien für ein echtes Fundstück erfüllten: Machart, Stil, verwendete Werkzeuge, Materialien, Formgebung, und auch noch der Werkstoff. Wenn all das zusammenpasst, wären sie angehalten, von einem Original auszugehen, und um den Verkauf von Fundstücken auf dem Schwarzmarkt vorzubeugen, erstatteten sie Anzeige.

Ich habe das als ein sehr grosses Kompliment aufgefasst, und der Kontakt besteht bis heute, weil: eine bessere Kritik werde ich wohl nicht mehr bekommen, da kann ich mich anstrengen, wie ich will, dass ein Werk von mir für "echt" gehalten wird, das passiert nur einmal im Leben.

Wikingerfiguerchen PS: es handelte sich um eine ca 6 cm grosse Figur eines Wikingers, der sich gerade kniend hinter seinem Schild ausruht, den "Speer" in der Hand, offensichtlich Atem holt für einen weiteren, unvermeidlichen ,Kampf.

Die Figur aus dieser Geschichte habe ich leider nicht mehr, aber so ungefähr sah sie aus.

Ein Krieger mit typischer Kappe, der sich hinter seinem Schild offensichtlich ausruht, und sich dabei auf seinen Speer (Lanze, Stock, ... ) stützt.

Die Figur hat nur vereinfachte Strukturen, auch das Gesicht ist zwar erkennbar, aber stilisiert, teilweise blieb der Stein unbearbeitet.

Wie gesagt, es handelt sich um ein Original, aber nicht um einen Fund, sondern nur um eine Arbeit, die stilistisch passt, und mit den richtigen Handwerkzeugen hergestellt wurde.

Material ist Speckstein, geschnitzt ca 2004.

Ich mache bei Gelegenheit mal ein paar bessere Fotos davon, versprochen !

Maz